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Positionspapier «Verteidigungsfähigkeit stärken»

Die Allianz Sicherheit Schweiz setzt sich für eine umfassende, stabile und langfristige äussere und innere Sicherheit der Schweiz ein.

Die vorliegenden Einschätzungen zur Lageentwicklung und die daraus resultierenden Forderungen an die Neuausrichtung der Sicherheits- und Aussenpolitik bilden die Richtschnur für die Aktivitäten der Allianz Sicherheit Schweiz.

Darauf basierend prägt sie die Meinungsbildung im parlamentarischen Prozess und in der Öffentlichkeit und führt Abstimmungskampagnen.

Zusammenfassung

Die Schweiz muss ihre sicherheitspolitische Eigenverantwortung wahrnehmen. Hierzu fordert die Allianz Sicherheit Schweiz:

  • Eine ausreichende Finanzierung der Armee mit mindestens 1% des BIP bis 2030.
  • Ein ambitioniertes Technologieniveau für die Armee.
  • Die Durchsetzung von Milizprinzip und Wehrpflicht für die ausreichende personelle Alimentierung von Armee und Zivilschutz.
  • Rahmenbedingungen für die Rüstungsindustrie bei Beschaffungen und Ausfuhr, welche die Verteidigungsfähigkeit unterstützen.
  • Die Zusammenarbeit mit der NATO in der Verteidigung.
  • Die Abstimmung der Aussenpolitik mit der Sicherheitspolitik.
  • Eine Gesamtverteidigungskonzeption, welche die einzelnen Bereiche aufeinander abstimmt und so eine maximale Wirkung erzielt.

Denn die Welt befindet sich in einer neuen geopolitischen Epoche. Die regelbasierte Ordnung wird durch autokratische Staaten und autokratiefreundliche Strömungen innerhalb demokratischer Staaten herausgefordert. Auch aus technologischer Sicht stehen wir vor einem neuen Zeitalter: Durch künstliche Intelligenz und Quantenrechner wird sich die Technologieentwicklung noch stärker beschleunigen und zu immer präziseren, weitreichenderen und schnelleren Waffensystemen führen.

Die Raison d‘être der schweizerischen Sicherheitspolitik ist der Schutz von Bevölkerung, Staat und ihren Lebensgrundlagen vor Bedrohungen und Gefahren. Doch die Schweiz ist in den meisten Dimensionen über die Landesgrenzen hinaus dicht vernetzt. Die in internationalen Abkommen festgehaltenen Vorstellungen, was ein Angriff ist, wird zum Risiko für die Sicherheit der Schweiz. Deshalb muss die Schweiz neu definieren, was als Angriff auf die Integrität von Bevölkerung und Staat gewertet wird.

Um den modernen Bedrohungsformen zu entgegnen, braucht die Schweiz eine starke und verteidigungsfähige Armee, die selbständig eine gewisse und in Kooperation eine maximale Abhaltewirkung (Dissuasion) entfaltet. Entsprechend muss die Schweiz den geographischen Raum jenseits der Landesgrenze definieren, in dem sie bereit ist, robust zu wirken.

Denn Neutralität ist ein sicherheitspolitisches Mittel und kein Selbstzweck. Eine Rückbesinnung ist notwendig. Entsprechend muss die Neutralitätspolitik wieder auf die mit ihr verbundene Absicht zurückgeführt und dringend mit der Lage in Europa, den grösseren geopolitischen Trends des 21. Jahrhunderts und den waffentechnologischen Entwicklungen in Einklang gebracht werden.

 

Die Schweiz ist kulturell, politisch und wirtschaftlich Teil der demokratischen, freien Welt und innerhalb dieser der westlichen Wertegemeinschaft. Sicherheit, Freiheit und Wohlstand werden erst durch die internationale regelbasierte Ordnung ermöglicht.

In Europa gewährleistet insbesondere die NATO die Sicherheit dieser Ordnung. Sowohl der nukleare Schutzschirm als auch die konventionelle Abschreckung beruhen massgeblich auf den Fähigkeiten und Kapazitäten der USA.

Die Welt befindet sich jedoch in einer neuen geopolitischen Epoche. Die regelbasierte Ordnung wird durch autokratische Staaten und autokratiefreundliche Strömungen innerhalb demokratischer Staaten herausgefordert. Internationale Organisationen wie die UNO scheinen überfordert und gelähmt.

Die sich verschärfende Konfrontation ist geprägt durch wirtschaftliche und politische Einflussnahme, grossangelegten Spionageaktionen und Wissensdiebstahl, den Einsatz von Energie als Waffe, die Instrumentalisierung der Migration, Desinformationskampagnen und damit einhergehenden Cyberoperationen; alles mit dem Ziel, die Schwachstellen liberaler Demokratien und der regelbasierten Ordnung zur Erfüllung der eigenen Ziele auszunutzen. Der Angriffskrieg gegen die Ukraine hat drastisch vor Augen geführt, dass die Hemmschwelle für den Einsatz massiver militärischer Gewalt einzusetzen niedrig ist.

Die Konfrontation wird so lange anhalten, bis sich ein Ordnungssystem durchsetzt. Ob dies die demokratisch legitimierte und regelbasierte Ordnung sein wird, ist keineswegs vorherbestimmt.

Für Europa ist die transatlantische Beziehung von existenzieller Bedeutung. Die gewichtigere Herausforderung für die USA liegt jedoch im Pazifik. Die strategischen Ambitionen Chinas bedeuten für die Länder Europas, dass sie für ihre Sicherheit mit weniger konventioneller Unterstützung durch die USA planen müssen. Ebenso muss damit gerechnet werden, dass Chinas Fähigkeit zur Machtprojektion künftig auch den europäischen Kontinent umfassen wird.

Auch aus technologischer Sicht stehen wir vor einem neuen Zeitalter: Durch künstliche Intelligenz und Quantenrechner wird sich die Technologieentwicklung noch stärker beschleunigen und zu immer präziseren, weitreichenderen und schnelleren Waffensystemen führen. Diese werden autonomer bis zu einem maximalen Grad der Eigenständigkeit. Dies gilt nicht nur für kinetische Waffen. Auch die Entwicklung von heute kaum denkbaren Waffen im ABC-Spektrum wird möglich. Viele dieser Waffen waren bislang teuer in der Entwicklung und anspruchsvoll im Unterhalt. Dies wird sich ändern. Ebenso ist damit zu rechnen, dass der Weltraum entgegen internationalen Abkommen waffentechnisch erschlossen wird.

Aber nicht nur Staaten werden aufrüsten. Neuartige Systeme können mittels ziviler und open-source Komponenten kostengünstig entwickelt werden und stehen damit auch nicht-staatlichen Akteuren zur Verfügung. Die Proliferation von Algorithmen wird dabei zu einem kaum kontrollierbaren Problem. Es ist dadurch wahrscheinlich, dass die Bedrohung durch religiös und ideologisch motivierten Terrorismus sowie durch die gewaltbereite organisierte Kriminalität neue Dimensionen erreichen wird.

Die Konfrontation politischer Systeme und Ideologien kann auch zu politischer Erpressung führen. Ebenso fordern internationale Probleme wie Demographie, Wohlstandsverteilung, Umweltverschmutzung und Klimawandel die Schweiz heraus; sie sind auch Ursache für Migrationsbewegungen, die, wenn sie nicht kontrolliert werden, politische Systeme zusätzlich belasten können.

Die Raison d`être der schweizerischen Sicherheitspolitik ist der Schutz von Bevölkerung, Staat und ihren Lebensgrundlagen vor Bedrohungen und Gefahren: Die Aufrechterhaltung von Integrität und Selbstbestimmung, die Gewährleistung der Handlungsfreiheit sowie der Beitrag zu Frieden und Stabilität im internationalen Kontext.

Die Schweiz ist in den meisten Dimensionen über die Landesgrenzen hinaus dicht vernetzt. Die Bedrohungen, mit denen die Schweiz primär rechnet, sind hybrider Natur. Dies bedeutet, dass diese Bedrohungsformen nicht eindeutig einem staatlichen Akteur zugeordnet werden können.

Die Massstäbe der Haager Landkriegsordnung wie auch des in der UN-Charta verankerten Rechts auf Selbstverteidigung sind angesichts der Bedrohungen mit zugrunde liegenden hybriden Strategien nicht mehr ausreichend für die Definition eines Angriffes. Staatsgrenzen haben sich angesichts der Vernetzung sowie moderner Bedrohungsformen und Waffensysteme relativiert. Diese Entwicklung ist so weit fortgeschritten, dass sich eine Verletzung der Integrität nicht mehr nach bisherigem Massstab definieren lässt. Im Extremfall wäre sogar die Feststellung des Kriegsfalls verunmöglicht. Militärische Operationen müssen daher in Kooperation oder im Bedarfsfall allein auch jenseits der Landesgrenze durchgeführt werden können.

Diese Entwicklungen sind für Staaten, die sich strikt an internationale Regeln halten, bedrohlich. Die in internationalen Abkommen festgehaltenen Vorstellungen, was ein Angriff ist, wird zum Risiko für die Sicherheit des entsprechenden Staates. Daraus folgt:

  • Die Schweiz muss neu definieren, was als Angriff auf die Integrität von Bevölkerung und Staat gewertet wird.
  • Die Schweiz braucht eine starke und verteidigungsfähige Armee, die selbständig eine gewisse und in Kooperation eine maximale Abhaltewirkung (Dissuasion) entfaltet.
  • Die Schweiz muss den geographischen Raum definieren, in dem sie bereit ist, militärische Aktionen durchzuführen.

Sicherheit entsteht erst, wenn die Schweiz eine Bedrohung bekämpfen kann und will. In der Praxis bedeutet dies, dass die Schweiz alles dagegen unternimmt, dass eine militärische Bedrohung in ihrem Interessenraum sich manifestieren kann.

Die Abhaltewirkung der Schweizer Armee entfaltet sich dadurch, dass sie in der Lage und willens ist, militärische Aktionen in allen Wirkungsräumen in Kooperation auch jenseits der Landesgrenze zu führen.

Die bewaffnete Neutralität ist für die Allianz Sicherheit Schweiz ein sicherheitspolitisches Mittel an dem festzuhalten ist, solange sie ihren Zweck erfüllt. Angesichts der Unklarheiten bezüglich Bedrohung und Integrität sowie der Tatsache, dass die militärische Sicherheit in Europa massgeblich durch die NATO als relevante Sicherheitsarchitektur und die EU als integrierendes Friedensprojekt gewährleistet wird, muss die Schweiz die Diskussion führen, welchen Sicherheitszugewinn die Neutralität heute leistet. Und wenn die Neutralität beibehalten werden soll, wie sie erneuert werden kann und welche Konsequenzen dies für die Investitionen in die Sicherheit hat. Denn die bewaffnete Neutralität setzt die Eigenverantwortung voraus, ein funktionsfähiges Gesamtsystem Verteidigung zu unterhalten.

Die Neutralitätspolitik muss vor dem Neutralitätsrecht stehen. Denn die Sicherheitswirkung der Neutralität kann je nach Lage wirksam oder gar nicht existent sein. In beiden Fällen birgt die starre Auslegung der Neutralität Risiken,

  • dass sich die Schweiz von ihren eigentlichen Partnern entrückt, weil sie nicht mehr verstanden wird, und
  • dass sie den Schutz vor modernen Bedrohungen und Waffensystemen verhindert.

Eine Rückbesinnung ist notwendig. Entsprechend muss die Neutralitätspolitik wieder auf die mit ihr verbundene Absicht zurückgeführt und dringend in Einklang mit der Lage in Europa, den grösseren geopolitischen Trends im 21. Jahrhundert und den waffentechnologischen Entwicklungen gebracht werden. Es braucht:

  • Anstelle des Berichtes, wie man mit der Neutralität umgegangen ist, eine Analyse des Bundesrates, ob und welchen Sicherheitszugewinn die Neutralität bringt. Die notwendige Plausibilisierung aus sicherheitspolitischer Sicht wurde bereits im Neutralitätsbericht 1993 angesprochen, wurde im Postulatsbericht 2022 aber nicht behandelt und ist somit ausstehend.
  • Auf jeden Fall die Rückbesinnung auf die Neutralität als reines sicherheitspolitisches Instrument – ohne unnötige darüberhinausgehende rechtliche Ausweitungen, dafür mit der Betonung der bewaffneten Neutralität.

Eine Neutralitätspolitik, die auf der Rolle der Schweiz als Teil der demokratischen freien Welt und der bestehenden Sicherheitsarchitektur in Europa aufbaut, fusst und sich entsprechende Flexibilitäten bewahrt. Die Schweiz soll mit Partnern, insbesondere ihren Nachbarländern, Verteidigungs- und Sicherheitskooperationen aufbauen.

Die NATO ist die relevante und unbestreitbare Sicherheitsarchitektur in Europa. Gemeinsam mit der EU diszipliniert sie ihre Mitglieder zum Frieden untereinander und ist das Bollwerk Europas gegen das revanchistische Russland.

Diesen Leistungen hat die Schweiz viel zu verdanken. Ein Scheitern der NATO hätte für die Schweiz fatale Konsequenzen. Die Anerkennung der NATO als Europas existenzielle Sicherheits- und Friedensarchitektur durch die Schweiz ist nach wie vor ausstehend.

Sowohl die NATO als auch die Schweiz sind nicht direkt in die bewaffnete Auseinandersetzung involviert und haben das gleiche Interesse an einem friedlichen und ordnungsbasierten Europa: Es geht darum, den völkerrechtswidrigen Aggressionen Einhalt zu gebieten. Daher gibt es keine Gründe, weshalb die Schweiz die NATO in ihren Bemühungen zur Eindämmung des Ukrainekrieges nicht nach Kräften unterstützen sollte. Dies gilt ebenso für die konsequente Umsetzung von Sanktionen und die transparente Kommunikation der Massnahmen.

Das Spektrum und die Intensität moderner Bedrohungsformen sind für die Schweiz im Alleingang nicht mehr zu bewältigen, auch wenn eine direkte terrestrische Bedrohung der Schweiz gerade wegen der NATO eher unwahrscheinlich bleibt. Eine Eskalation gegen die NATO würden unweigerlich unsere Nachbarstaaten miteinbeziehen und den Konflikt in unseren Interessenraum tragen. Je nach Verschärfung der Lage würde die wirtschaftliche und politische Existenz der Schweiz in Frage gestellt. Die Schweiz muss ein aktiver Teil der europäischen Sicherheitsarchitektur sein. Wir brauchen deshalb die Option zur Kooperation im Verteidigungsbereich. Entsprechend muss die Schweiz ihre bisherigen Kooperationsformen aufwerten und ergänzen – in allen Operationssphären und über das ganze Bedrohungsspektrum hinweg:

  • Die Schweiz muss eine umfassende Zusammenarbeit mit der NATO im Verteidigungsbereich anstreben (Enhanced Opportunity Partnership (EOP)).
  • Das nicht sachbezogene Verbot für die Wiederausfuhr von Rüstungsmaterial muss aufgehoben werden. Siehe Abschnitt 9.
  • Die Schweiz muss zeigen, dass sie bereit ist, mit einer ausreichenden Finanzierung der Armee und damit der Stärkung der Verteidigungsfähigkeit, einen aktiven Beitrag zur europäischen Sicherheitsarchitektur zu leisten.

Einer Ausweitung der bisherigen Kooperation stehen die Neutralitätsvorbehalte der Schweiz im Weg. Doch diese lassen sich lösen indem:

  • Die Schweiz der NATO ihren Interessenraum kommuniziert, in dem sie bereit ist, einen Beitrag an die Abhaltewirkung der europäischen Sicherheitsarchitektur zu leisten und nötigenfalls militärische Aktionen hoher Intensität durchzuführen.

Die Schweiz sich bereit erklärt, an den Verteidigungsplanung der NATO in diesen Räumen zu beteiligen und eine kontinuierliche militärische Präsenz für die Kooperation aufzubauen (beispielsweise die Entsendung von Verbindungs- und Stabsoffizieren, regelmässige Teilnahme an Stabs- und Truppenübungen zur Erreichung der Interoperabilität, Zertifizierung von Gefechtsleistungen, gemeinsame Nutzung von Ausbildungsplätzen).

Die Notwendigkeit, Kooperationen zur Bewältigung moderner Bedrohungen zu suchen, entbindet die Schweiz nicht von ihrer Eigenverantwortung. Im Gegenteil, die selbstgewählte Bündnisfreiheit verpflichtet die Schweiz dazu, ein einsatzfähiges und modernes Gesamtverteidigungssystem zu unterhalten.

Das Problem liegt darin, dass die Schweiz seit dem Ende des Kalten Krieges genau das Gegenteil getan hat. Die sogenannte Friedensdividende wurde eingestrichen und damit die Armee weitgehend ihrer Fähigkeiten und Kapazitäten beraubt. Und so haben wir, ohne es laut zu sagen, zu einem guten Teil die Verantwortung für unsere Sicherheit an die NATO abgeschoben. Diese Sicherheits-Arbitrage ist erstens gefährlich und zweitens schadet sie dem internationalen Ansehen der Schweiz.

Die Armee ist heute mit 0.7% des BIP im europäischen Vergleich unterfinanziert. Selbst bei einer Vollkostenrechnung lägen die Verteidigungsausgaben heute bei maximal 1.16% des BIP und damit weit unter dem Durchschnitt der NATO-Staaten. Dieser liegt aktuell bei 1.74% (2023 und exkl. USA) und hat einen Zielwert von 2% des BIP – wovon 20% für die Beschaffung von Hauptsystemen (inklusive damit verbundener Forschung und Entwicklung) vorgesehen sind.

Die schrittweise Erhöhung der Armeeausgaben mit dem Ziel 1% des BIP – ohne Vollkostenrechnung – zu erreichen, geht grundsätzlich in die richtige Richtung, liegt jedoch an der unteren Grenze des eigentlich Notwendigen. Der nun auf 2035 verschobene Zeithorizont hat angesichts der Dynamik der geopolitischen Entwicklungen enorme sicherheitspolitische Auswirkungen. Das Ziel von 1% des BIP bis 2030 muss wieder aufgegriffen und politisch durchgesetzt werden. Das Finanzierungsproblem für die Armee ist akut. Eine sofortige Budgeterhöhung ist deshalb dringend erforderlich, da sonst neue Fähigkeitslücken aufgerissen werden. Denn ab 2025 erreichen diverse Hauptsysteme das Ende ihrer Nutzungsdauer und es werden nicht ausreichend Finanzmittel für deren Ersatz vorhanden sein. Und dies noch vor der dringend notwendigen Schliessung der bereits bestehenden Fähigkeitslücken. Erhöhen wir den Investitionsbedarf nicht auf 1% des BIP bis 2030, wird die Armee auf lange Zeit, nämlich 15 Jahre, nicht verteidigungsfähig sein.

Europa rüstet auf. Entsprechend kann die Kombination der gesteigerten Nachfrage und zu niedrigen Produktionskapazitäten zu längeren Wartezeiten führen. Denn die Lieferung von Produkten geht zuerst ins eigene Land und dann zu Alliierten. Deshalb ist es besser, in der Warteschlange vorne zu stehen.

Die Schuldenbremse ist ein einzuhaltender Verfassungsauftrag. Die Schweiz wird daher nach drei Jahrzehnten Friedensdividende nicht umhinkommen, Budgetverschiebungen aus anderen Bereichen hin zur Verteidigung vorzunehmen, um der steigenden Bedrohungslage entgegnen zu können.

Längerfristig ist die feste Koppelung an das BIP sinnvoll, um zu vermeiden, dass die Verteidigungsausgaben auch in zukünftigen Zeiten ohne unmittelbare Bedrohung vernachlässigt werden.

Ebenso bedarf es einer Rückbesinnung auf den Kernauftrag der Verteidigung im Sinne der Abwehr eines militärischen Angriffes. Die Kompetenz zur Verteidigung hat Priorität und muss vor allen anderen Armeeaufträgen beherrscht werden.

Das Verbundsystem Bevölkerungsschutz und darin die kantonalen Zivilschutzorganisationen sollen nebst ihren subsidiären Aufträgen, den Krieg in der Ukraine analysieren und ihre Konsequenzen daraus ziehen. Die Fähigkeit, die Bevölkerung vor den Auswirkungen eines Krieges schützen zu können, ist eine originäre und nicht delegierbare Staatsaufgabe. Sie ist uneingeschränkt wieder herzustellen.

Fähigkeitslücken entstehen entweder durch fehlende Investitionen in bestehende Fähigkeiten zu deren Aufrechterhaltung und Weiterentwicklung oder aufgrund fehlender Investitionen in durch den Technologiewandel entstandene neue Fähigkeiten.

Beide Ursachen haben zur Folge, dass ein System wie Boden oder Luft nicht mehr wirklich funktioniert: Nur weil ein Staat beispielsweise über moderne Kampfflugzeuge verfügt, heisst das noch lange nicht, dass diese in einem Szenario hoher Intensität auch Wirkung erzielen können. Denn rund um das Kampfflugzeug gehört ein ganzes Spektrum an Fähigkeiten dazu. Fehlen entscheidende Fähigkeiten, kann das System Luft in einem Konflikt hoher Intensität nicht bestehen. Um Investitionsentscheide fällen zu können, muss daher das Parlament informiert sein über:

  • Den Fähigkeits-Benchmark (Was muss eine moderne Armee heute und in naher Zukunft können?)
  • Den SOLL-Zustand (Welche Fähigkeitscluster für ein funktionierendes Gesamtsystem Luft, Boden etc. strebt die Armee an und wie sieht der aktuelle Planungsstand aus?)
  • Den IST-Zustand (Die Darstellung pro Fähigkeit, was wir in welchem Umfang können und was nicht; sowie was es kostet, die fehlenden Fähigkeiten aufzubauen und zu erhalten?)

Zusätzlich ist es hinsichtlich des Informationsauftrages der Bundesverwaltung wichtig, dass diese Zusammenhänge auch für die breite Öffentlichkeit einfach erklärt werden.

Überlegene Technologie macht für eine zahlenmässig unterlegene Konfliktpartei den Unterschied aus. Das diesbezügliche Ambitionsniveau der Schweiz ist eher bescheiden. Und dies obwohl Wirtschaft und Forschung in der Schweiz über ein ausgesprochen hohes technologisches Niveau und eine dynamische Innovationskraft verfügen. Das hohe Bildungsniveau bildet zusammen mit dem Milizsystem eine gute Grundlage, um ein höheres Technologieniveau auch in der Armee zu beherrschen.

Mit dem F-35 hat sich die Schweiz für eine Hightech-Plattform entschieden. Jedoch ist damit allein der Fähigkeitscluster für ein funktionierendes Gesamtsystem Luft noch längst nicht vorhanden. Immerhin deutet der Entscheid auf ein Umdenken hinsichtlich des Technologieniveaus hin.

Der Krieg in der Ukraine ist ein Schaufenster moderner Kriegsführung. Während viele veraltete Waffensysteme aufs Feld geführt werden, kommen ebenso Waffen mit modernster Elektronik und Software zum Einsatz. Es ist offensichtlich, dass die Entwicklung rasant in Richtung (teil-) autonome Waffensysteme mit intelligenter und möglichst weitreichender Munition geht.

Die Schweiz muss ihre selbstbeschränkende Haltung bezüglich (teil-) autonomer Waffensysteme aufgeben und entsprechende Technologie beschaffen und deren Entwicklung aktiv unterstützen. Sie braucht technologische Vorteile, welche die fehlenden Mengen kompensieren. Grundsätzlich ist daher ein höheres Technologieniveau anzustreben. Eine eigene Technologieentwicklung findet aber nur statt, wenn eine Rüstungsindustrie oder strategische Rüstungskooperationen und für sie geeignete Rahmenbedingungen vorhanden sind.

Ein Teil der Armee muss auf einem hohen Technologieniveau ausgerüstet werden. In einem sich rasch wandelnden Technologieumfeld braucht es zudem schnellere und kürzere Beschaffungsprozesse für ausgewählte Güter sowie einen Transmissionsriemen vom Experimentellen in die Praxis. Entwickler von Innovationen müssen Möglichkeiten zur Erprobung sowie den Weg vom Labor bis zur Beschaffung aufgezeigt bekommen.

Der Verzicht auf eine flächendeckende Ausrüstung bedeutet keinen Verzicht auf die Forderung nach einer vollständigen Ausrüstung. Die Einsatzbereitschaft kann nur gewährleistet werden, wenn das notwendige Material zur Verfügung steht. Es ist folgerichtig, dass je nach Aufgabenspektrum des jeweiligen Truppenkörpers das Material unterschiedlichen Technologieniveaus entsprechen kann. Entsprechend höhere Anforderungen an Instandhaltung sind gemeinsam mit der Industrie zu gewährleisten.

Das Milizsystem und die allgemeine Wehrpflicht sind ein bewährtes Grundprinzip der schweizerischen Landesverteidigung und darüberhinausgehend für das demokratisch-liberale Staatsverständnis der Schweiz. Sind die Voraussetzung für die Alimentierung der Armee und die Erfüllung des Verteidigungsauftrages.

Die steigenden Anforderungen der eingesetzten technischen Systeme sowie die gesellschaftlichen Ansprüche bezüglich Individualismus und Selbstverwirklichung rütteln seit geraumer Zeit an diesen beiden Grundpfeilern.

Das Milizprinzip muss prioritär für alle Fach- und Führungspositionen gelten. Eine konsequente Aufrechterhaltung und Umsetzung des Milizprinzips tragen wesentlich zu dessen Attraktivität bei. Ein solides und motiviertes Korps an Berufsmilitärs ist unerlässlich für die Ausbildung des Milizpersonals und die Sicherstellung der Einsatzfähigkeit in vielen Bereichen der Armee.

Die Aushöhlung der Wehrpflicht infolge der de-facto-Wahlfreiheit zwischen Armee und Zivildienst lässt die Bestände erodieren und schadet dem Wehrwillen. Einige Massnahmen zur Einschränkung der starken Abgänge in den Zivildienst sind bereits in Abklärung und Diskussion. Wichtig ist aber:

  • Der Soll-Bestand von heute 100‘000 ist kurzfristig auf mindestens 120‘000 (plus Faktor 0,4 zur Kompensation der Volatilität) zu erhöhen. Mittelfristig ist eine Erhöhung von 50% des heutigen Bestandes – wie in anderen Ländern Europas auch – anzustreben. Der Soll-Bestand ergibt sich aus einer der Sicherheitslage und der Dienstpflicht gerecht werdenden Aushebungsquote und der Anzahl Jahre der Dienstpflicht. Diese kann auf freiwilliger oder obligatorischer Basis verlängert werden. Damit wird auch das Verhältnis zwischen Bevölkerungswachstum und Armeebestand abgebildet. Um im Verteidigungseinsatz die Durchhaltefähigkeit sicherzustellen, müssten die Bestände dann nochmals verdoppelt werden.
  • Der Bundesrat hat 2022 zwei Dienstpflichtmodelle zwecks Weiterentwicklung der allgemeinen Wehrpflicht vorgeschlagen. Als Grundsatz ist die Sicherheitsdienstpflicht zu favorisieren, in der Zivilschutz und Zivildienst zusammengelegt werden. Zivildienstleistende müssen bei Unterbeständen des Zivilschutzes diesen alimentieren.
  • Die bedarfsorientierte Dienstpflicht mit Ausdehnung der Dienstpflicht für Frauen und dem Auswahlprimat der Armee ist alternativ ebenfalls weiterzuverfolgen, um die Alimentierung mit den fähigsten Personen des Landes, Frauen und Männern, sicherzustellen.
  • Die längere Einteilung für Armeeangehörige, die ihre Dienstpflicht erfüllt haben, als eigentliche Reserve, ist zu prüfen. Damit könnte ein vorzeitiges Ausscheiden aus dem System Armee und Dienstpflicht verhindert werden.
  • Die Dienstmodelle an sich sollen entsprechend den Einsatzformen flexibel überarbeitet werden, um das Wissen und Können zu sichern. Dies gilt für Spezialisten, wie auch für ganze Truppenkörper mit komplexeren Fähigkeiten und allenfalls für solche, die mit NATO-Verbänden trainieren.
  • Den Abgängen von Militärdienstpflichtigen vor ihrer ordentlichen Entlassung ist Einhalt zu gebieten. Die Schweiz hat bereits in die militärische Ausbildung dieser Personen investiert. Entsprechend sind diese Abgänge die teuersten. Deshalb ist die Ausweitung der Schutzdienstpflicht auf Armeeangehörige wichtig, die militärdienstuntauglich werden oder die Rekrutenschule bis zum 25. Altersjahr noch nicht erfüllt haben. Dies beseitigt Anreize, die Rekrutenschule hinauszuzögern oder sich der Dienstpflicht vorzeitig zu entziehen.

Mit dem Angriffskrieg gegen die Ukraine ist auch einer breiten Öffentlichkeit bewusst geworden, dass jede Armee nur so stark ist, wie ihre Technologie- und Rüstungsbasis. Die Einschränkungen des Waffen-Wiederausfuhr stehen im Widerspruch zum Selbstbestimmungsrecht der Völker und Nationen. Nur wenige Länder sind in der Lage, ihren Bedarf an Waffen und Munition selbst zu decken.

Deshalb bedarf es der Überarbeitung der Grundsätze zur Technologie- und Rüstungspolitik, die an den Interessen des Landes ausgerichtet wird:

  • Die international vernetzte Rüstungsindustrie ist ein elementarer Baustein für die Sicherheit der westlichen Staatengemeinschaft. Auch ihr technologisches Know-how und ihre industriellen Kapazitäten tragen zur Abhaltewirkung bei. Eine Schwächung der Rüstungsindustrie hat die Schwächung der Sicherheit zur Folge.
  • Die Rüstungsstrategie des Bundesrates muss die für die Verteidigungsfähigkeit der Schweiz relevanten Schlüsseltechnologien und industriellen Kernfähigkeiten aufführen. Daraus sind Ziele abzuleiten. Diese Ziele sollen aufzeigen, wie mittels Beschaffungen im Inland, Offset bei Beschaffungen im Ausland und internationalen Entwicklungs- und Kooperationsprojekten sowohl Innovationstransfer wie auch Innovationsentwicklung unterstützt werden können.
  • Exklusive Technologien entwickeln und fertigen zu können, trägt nicht nur ein zur technologischen Überlegenheit des demokratischen Westens bei, es sichert im Gegenzug auch den Zugang zu den Technologien von Partnern.
  • Auch für die schweizerische Rüstungsindustrie ist der Export überlebenswichtig. Dafür sind folgende Anpassungen am Exportrecht notwendig:
    • Die Wiederausfuhr-Beschränkungen für Staaten, welche die vier relevanten Verträge im Zusammenhang mit Waffenausfuhr unterzeichnet haben (Kriegsmaterialverordnung Anhang-2 Länder) sind aufzuheben;
    • Der Export in Länder der Kriegsmaterialverordnung Anhang-2-Liste muss grundsätzlich erlaubt sein (wobei dem Bundesrat aus aussen- und sicherheitspolitischen Gründen eine Ausnahmekompetenz zustehen soll).
  • Innovation wird angestossen, wenn eine kommerzielle Nachfrage besteht. Das VBS und die Armee können eine entscheidende Rolle spielen, indem sie
    • Innovationsprojekte gemeinsam mit der Industrie initiieren. Dabei muss ein Fokus gelegt werden auf: Erstens auf (teil-)automatisierte und hochpräzise Waffensysteme, da diese aufgrund ihrer integrierten Sensor-zu-Effektor-Kreisläufe die bereits angebrochene Zukunft bedeuten. Und der zweite Fokus sollte auf Cyber liegen, weil die Vernetzung der Systeme steigende Verwundbarkeiten zur Folge hat. Der Schlüssel zu beidem liegt in der künstlichen Intelligenz.
    • Bei Rüstungsbeschaffungen im Ausland ist mittels Offset zielgerichtet sicherzustellen, dass Innovationstransfer und Innovationsentwicklung zu Gunsten der hiesigen Rüstungsindustrie und somit der eigenen Verteidigungsfähigkeit stattfinden. Die Ziele sollen gemeinsam von Armee, armasuisse und Industrie definiert werden.
    • Für Rüstungsbeschaffungen sollen vermehrt Rahmenverträge in Betracht gezogen werden, um von der technologischen Weiterentwicklung der Produkte profitieren zu können und um gleichzeitig den langfristigen Aufbau und Erhalt von Know-how zu sichern, statt nur kurzfristige Produktionsverlagerungen zu provozieren.
  • Eigene industrielle Produktionskapazitäten für Munition gemeinsam mit resilienten Lieferketten für die produktionsnotwendigen Rohstoffe sind für die Verteidigungsfähigkeit von zentraler Bedeutung. Der Bund muss den Rückkauf, die Mehrheitsbeteiligung oder den Neuaufbau einer eigenen Munitionsfabrik vorantreiben. Dabei ist ein Fokus auf die Kaliber der wichtigsten Waffensysteme zu legen.

Die langfristige Sicherstellung der Verteidigungsfähigkeit muss Teil der Eignerstrategie für die RUAG International Holding AG sein, so dass im weiten Sinne verstandene sicherheitsrelevante Geschäftsbereiche nicht mehr ins Ausland verkauft werden.

Die Lösung internationaler Probleme trägt direkt zur Sicherheit und Stabilität der Schweiz bei und verleiht zugleich Gewicht, bei der Durchsetzung aussenpolitischer Interessen. Dies wird gemeinhin als Softpower bezeichnet. Softpower ist das Resultat einer erfolgreichen und klug ausgestalteten Aussenpolitik und der militärischen Friedensförderung:

  • Die Stärkung von Rechtsstaatlichkeit, der Zivilgesellschaft, der lokalen Wirtschaft und die Unterstützung beim Umweltschutz helfen Ländern des „globalen Südens“, sich vor den Einflüssen von Autokratien zu schützen, Migrationsursachen zu bekämpfen und die Umwelt als Lebensgrundlage zu bewahren.
  • Ebenso kann auch die humanitäre Hilfe Sicherheitswirkung entfalten, wenn sie im geographischen Interessenraum der Sicherheitspolitik stattfindet oder Zweitrundeneffekte wie Migration oder gestörte Lieferketten verhindern kann.
  • Militärische Friedensförderung erzwingt Frieden in kritischen Regionen und eröffnet so ein Zeitfenster für den Aufbau demokratischer Institutionen und einer funktionierenden Zivilgesellschaft. Nicht immer gelingt dies, aber die positiven Beispiele überwiegen die negativen. Das Engagement in der militärischen Friedensförderung stärkt den politischen Einfluss in der betroffenen Region und die Beziehungen zu den an der Mission beteiligten Partnernationen.

Es besteht die Gefahr, dass diese Instrumente gegen die klassische Sicherheitspolitik ausgespielt werden, sobald es um Verteilkämpfe bei den Finanzen geht. Sicherheit muss daher ganzheitlich betrachtet werden.

Daraus folgt auch, dass wenn die Sicherheitspolitik den geographischen Interessenraum definiert, die Aussenpolitik und insbesondere die internationale Zusammenarbeit (Entwicklungs- und humanitäre Hilfe) diesen in ihrer Planung berücksichtigen und bei Entwicklungen und Ereignissen innerhalb dieses Raumes ihre Planung und Aktivitäten mit der Sicherheitspolitik synchronisieren.

Ebenso wäre es von Vorteil, wenn die Aussenpolitik registrieren würde, dass auch auf den ersten Blick kritische Waffen und Munitionstypen ein notwendiges Übel zur Verteidigung unserer Prinzipien und Privilegien sind. Insbesondere der Atomwaffenverbotsvertrag sollte nicht „beobachtet“, sondern vehement abgelehnt werden. Der Nuklearschirm der NATO, von dem auch die Schweiz profitiert, entfaltet seine Abschreckungswirkung nach wie vor. Softpower entsteht auch durch die aussenpolitische Unterstützung von Partnerländern, von denen man profitiert.

Die Übernahme und Umsetzung internationaler Sanktionen haben sich an der Neuausrichtung der Sicherheitspolitik zu orientieren. Sanktionen der UNO sind konsequent mitzutragen, Sanktionen von EU, USA oder OSZE können mitgetragen werden, wenn Sie im Interesse der Schweiz sind, brauchen aber eine Eigenständigkeit in der Entscheidung.

Im Rahmen der humanitären Hilfe kann die Schweiz zudem ein Schwergewicht auf die Minenräumung legen. Die Schweiz verfügt über entsprechende Kompetenzen (Genfer Internationales Zentrum für Humanitäre Minenräumung und Fondation Suisse de Déminage) und kann somit einen wertvollen, physischen Beitrag zum Schutz der ukrainischen Zivilbevölkerung und zum Wiederaufbau des Landes leisten. 

Die Verfassung garantiert unsere Freiheiten. Doch diese bedingen Sicherheit, damit sie überhaupt ausgeübt werden können.

Freiheiten werden missbraucht. Dies kann mit kriminellen, wirtschaftlichen, ideologischen oder einer Kombination mehrerer dieser Absichten geschehen. Solange dies nicht organisiert erfolgt und der Staat über die notwendigen Instrumente zur Strafverfolgung verfügt, ist dies für eine Gesellschaft ertragbar. Schwieriger wird es, wenn die Angriffe organisiert sowie methodisch und technologisch überlegen sind.

Der Schutz der Freiheitsrechte in einer komplexen Gesellschaft mit sich rasant entwickelnden Technologien erfordert die Ausschöpfung und Koordination der Sicherheitsinstrumente und der Informationen. Zur Aufrechterhaltung der inneren Sicherheit muss dieser Datenaustausch zwischen und über die föderalen Ebenen und insbesondere zwischen den kantonalen Polizeikorps funktionieren. 

Es braucht aber auch eine kritische Öffentlichkeit sowie verantwortungsbewusste Technologieunternehmen und Medien, um gemeinsam Staat, Gesellschaft und Wirtschaft widerstandsfähig gegen destruktive Beeinflussungsversuche zu machen.

Die Bereitschaft setzt nebst der Verteidigungs- und Kooperationsfähigkeit der Armee auch die Abstimmung aller sicherheitsrelevanter Bereiche des Staates – hin zu einer neuen Gesamtverteidigungskonzeption – voraus.

Diese Aufgabe bringt aus der jetzigen Lage entstandene Herausforderungen mit sich:

  • Es ist unklar, ob Politik und Gesellschaft rechtzeitig die Notwendigkeit einer Gesamtverteidigungskonzeption erkennen. Angesichts der Tatsache, dass der andauernde Krieg gegen die Ukraine und der Übergang Russlands zu einer Kriegswirtschaft bereits deutlich weniger mediale Aufmerksamkeit erhalten, ist es fraglich, ob ein Umdenken stattfinden wird. Eine gesamtgesellschaftliche Bedrohungswahrnehmung ist – auch aufgrund des nicht wahrgenommenen und stattdessen an die NATO übertragenen Verteidigungsauftrags – kaum mehr vorhanden.
  • Die konzeptionelle Einbindung der Armee als Hauptlastträger wird schwierig, da ihr die notwendigen Mittel entzogen wurden.
  • Das Zusammenwirken der Armee mit künftigen Kooperationspartnern muss antizipiert werden. Mit Ausnahme einzelner militärischer Bereiche fehlt es an Erfahrung und insbesondere an tragfähigen Kooperationen.
  • Die Zivilverteidigung im Rahmen der Gesamtverteidigung ist auch auf hybride Formen der Kriegsführung auszurichten. Dies bedeutet, dass gezielte Einflussnahmen bereits in als Frieden wahrgenommenen Zeiten stattfinden und in der medialen Informationsflut nur schwer zu erkennen sind. Entsprechend müssen Strategien und Massnahmen zur psychologischen Widerstandsfähigkeit der Bevölkerung bereits vor der eindeutigen Manifestation einer Bedrohung ansetzen.
  • Die von den Kantonen nachgefragten Leistungen von Zivilschutz/Zivildienst entsprechen berechtigten Bedürfnissen, sind aber auf den subsidiären Auftrag ausgerichtet. Ausbildungszeit und Verfügbarkeit sind knapp. Es ist eine Herausforderung, sowohl dem Bevölkerungsschutz im Kriegsfall wie auch den Bedürfnissen der Kantone nach subsidiären Leistungen gerecht zu werden. Die Planung, wie beiden Anforderungen Rechnung getragen werden kann, wird zur wichtigsten Aufgabe.

Um Armee, Zivilverteidigung und wirtschaftliche Landesversorgung in einer Gesamtverteidigungskonzeption zentral zu führen, bedarf es in der heutigen Situation grosser Anstrengungen. Im Gegensatz zum Kalten Krieg, als es darum ging, lose Enden zusammenzuführen, sind heute einige Fäden noch gar nicht vorhanden und andere so dünn geworden, dass sie kaum mehr zu greifen sind. Umso wichtiger ist es, dass sich Politik, Gesellschaft und Wirtschaft unverzüglich an die Erarbeitung einer Gesamtverteidigungskonzeption machen.